Textilindustrie
Textilfabrik in Wißkirchen? Wo soll die gewesen sein?
Nach vielen Gesprächen mit älteren Bürgern unseres Orts hörte ich ab und zu etwas von einer Textilfabrik in Wisskirchen, die 1925 abgebrannt sein soll. Einer meiner Informanten deutete an, er habe als junger Mann auf den hohen Schornstein dieser Fabrik einen Handstand gemacht. Doch niemand konnte mir nähere Angaben zu den Gebäuden auf den jetzigen Gelände der Firma Böcker machen.
Nach ausgiebigen Recherchen im Stadtarchiv, im Internet und im Industriemuseum Kuchenheim fand ich schließlich eine Menge Informationen.
Im Jahre 1837 gründete der Textilfabrikant Theodor Meysenburg eine "Tuchfabrikmühle" in Wißkirchen an der Stelle, wo früher eine Mühle stand (siehe Skizze Historisches).
Sie war damals eine von 7 Textilfabriken am Veybach mit Spinnerei, Färberei, Walkerei und Rauherei.
Schon nach einem Jahr verkaufte er die mit Wasserkraft betriebene Fabrik an den die Gebrüder Fischer.
Einer der Gebrüder war Vater des in Euskirchen geborenen Chemie-Nobelpreisträgers Emil Fischer. Die Fischer-Brüder bauten die Fabrik zu einer leistungsfähigen Spinnerei aus.
Im Jahr 1853 reichte die Wasserkraft nicht mehr. Die 1200 Spindeln wurde nun mit Dampfkraft angeprieben. Dazu bauten die Fischers einen hohen Kamin, der im Hof des jetzigen Anwesens Böcker stand und schafften eine Dampfmaschine an. Aus der Dissertation von Hans Renelt zur "Historischen Entwicklung der Euskirchener Textilindindustrie bis 1914" konnte ich entnehmen, dass bei Fischers zur Blütezeit 66 Arbeiter beschäftigt waren. Da die Dampfmaschine ständig Rauch und Dampf in großen Mengen erzeugt, gab man den Fabriken oft den Namen "Em Dämpes".
Im Jahr 1859 erweitere die Firma Fischer ihre Anlage um eine Woll- und Garnfärberei.
Die Euskirchener Textilindustrie belieferte ganz Deutschland u.a. auch Amerika und Südafrika mit Uniformtuchen. In der besten Zeit waren 40 Textilfabriken, vorwiegend am Veybach, später auch an der Erft mit der Tuchproduktion für Post, Bahn und Militär beschäftigt.
Leider fehlen mir Information ab 1914. In Jahr 1925 brannte die Fabrik bei einem großen Feuer ab. In der Chronik der Feuerwehr Wißkirchen wird der Einsatz vermerkt.
Leider finden wir heute nur noch wenige Überreste. Die erste Halle der Firma Böcker ist ein altes Gebäude und das Haus direkt auf der anderen Straßenseite der Turnierstraße, direkt am Veybach, war die ehemalige Verwaltung der Gebrüder Fischer.
Nach dem Brand wurden die Fabrikgebäude noch einige Jahre als Molkerei genutzt. Hier fehlen mir noch Dokumentationen.
Zwei Karten, die die Größe der Textilfabrik Fischer dokumentieren:
Hier unten sehen Sie 2 Karten.
Die 1. Karte zeigt die Liegenschaften der Ortschaft Wiskirchen im Jahre 1829 südlich des Veybachs. Diese Karte ist eingenordet, d.h., Norden ist oben. Links, aufn Insel, sehen Sie die Mühle eingezeichnet. Wenn Sie diese Karte mit der Karte der Denkmale in Wißkirchen vergleichen entdecken Sie einige Gebäude, die auch heute noch stehen. Die Straßenverläufe sind heute nur gering verändert.
Auf der 2. Karte, die Sie sich um 90° gedreht vorstellen müssen, sind wesentliche Änderungen zu sehen. Die Mühle ist nicht mehr da, aus ihr entstand 1837 die Spinnerrei Fischer. Da diese Karte aus dem Jahr 1883 stammt bzw. bis zu diesem Jahr ergänzt wurde, sehen wir hier die Textilfabrik Fscher in voller Größe eingezeichnet. Im groben Vergleich mit noch heute bestehenden Gebäude wird die Fabrik eine Länge von mehr als 80m gehabt haben. Der Mühlengraben, Mühlendeich, ist im unteren Teil des Blattes nicht eingezeichnet.
Auf dieser Karte entdecken Sie auch das Gebäude "Höper" in der Treckgasse, das auf der ältesten Ansichtskarte von Wißkirchen zu sehen ist. Es liegt am Mühlendeich und hat die Form eines geöffneten L.
Auch sehen Sie, dass die jetzige Wißkirchner-Straße kurz hinter der Treckgasse endete.
(Damit Sie auf den Karten die Einträge besser erkennen können, klicken Sie diese an, dann erscheint die Karte neu und lässt sich mit dem +Zeichen vergrößern)